Interview: E-Mail-Marketing Trends und Best Practices 2020

Welche Trends und Entwicklungen werden 2020 im E-Mail-Marketing relevant? Welche Vorteile bietet E-Mail-Marketing im Vergleich zu anderen Kanälen? Und welche Aspekte sollten Unternehmen unbedingt berücksichtigen? Unsere Werkstudentin Julia hat zum Jahresauftakt ein Interview mit unserem Geschäftsführer Nico Zorn geführt.

Wie bist Du zum E-Mail-Marketing gekommen und was sind aus Deiner Sicht die Vorteile des Kanals?

Nico Zorn
Nico Zorn

Nico Zorn: Das Thema Kundenbindung beschäftigt mich schon seit langer Zeit, da in diesem Bereich aus meiner Sicht in vielen Unternehmen große Potenziale brach liegen: Investiert wird primär in die Gewinnung von Neukunden – dabei ist es wesentlich effizienter, einen Kunden zu binden als einen Neukunden zu gewinnen. Schaut man auf die digitalen Marketingkanäle, ist E-Mail-Marketing nach wie vor der mit Abstand wichtigste Kanal im Bereich des Bestandskundenmarketing. 

Der wesentliche Vorteil im Vergleich zum Social Media Marketing: Die Reichweite gehört mir! Zwischen mir und meinen Kunden steht keine Plattform wie Facebook, d.h. ich bin nicht auf die Gnade des Newsfeed Algorithmus (oder auf zusätzliches Budget) angewiesen, damit meine Botschaft die Empfänger erreicht.

Wenn Du 10 Jahre zurückblickst – was hat sich im E-Mail-Marketing verändert?

Nico Zorn: E-Mail-Marketing ist heute wesentlich etablierter und gehört für die meisten Unternehmen schlichtweg zum Pflichtprogramm im digitalen Marketing. Das führt zu der Herausforderung, dass das E-Mail-Aufkommen kontinuierlich zunimmt: Es landen immer mehr E-Mails in den Posteingängen der Empfänger. Damit die eigenen Kampagnen weiterhin gut funktionieren, muss ich mir intensiver Gedanken bezüglich der Auswahl des richtigen Content, der Wahl der richtigen Betreffzeile etc. machen. 

Eine sehr erfreuliche Entwicklung ist die Tatsache, dass die E-Mail-Marketing Plattformen im Laufe der Zeit deutlich leistungsfähiger geworden – das gilt auch für die Tools im unteren Preissegment. 

Was ist aus Deiner Sicht die beste Methode, um qualitativ hochwertige E-Mail-Adressen zu gewinnen?

Nico Zorn: Die beste Methode ist, die eigene, bereits vorhandene Reichweite zu nutzen: Auf der eigenen Website sollten an prominenter Stelle Opt-In Boxen, also kleine Newsletter-Anmeldeformulare, integriert werden. Hier bietet sich beispielsweise eine Platzierung in der Seitenleiste und/oder im Footer an. Auch mit einem Exit Intent Layer, also einer Anmeldebox, die kurz vor dem Verlassen der Seite angezeigt wird, machen wir regelmäßig gute Erfahrungen.

Wichtig ist natürlich auch, die Anmeldeseite zu optimieren, damit sich mehr Interessenten für den Newsletter anmelden. Hier macht es beispielsweise Sinn, die Vorteile des Newsletters deutlich herauszuarbeiten – ein einfaches „Fordern Sie unseren Newsletter an“ reicht nicht. Häufig arbeiten wir hierfür mit AB-Testing, um die Conversion Rate auf den Anmeldeseiten unserer Kunden fortlaufend zu erhöhen. Im Ergebnis lassen sich so mehr qualifizierte E-Mail-Adressen gewinnen, ohne das Marketing-Budget erhöhen zu müssen. 

Welche Auswirkungen hat die DSGVO auf das E-Mail-Marketing? Welche juristischen Aspekte sollte man unbedingt beachten?

Nico Zorn: Bei vielen Unternehmen hat die DSGVO für Aufregungen und Unruhe gesorgt, dabei hat sich die juristische Situation im E-Mail-Marketing im Kern überhaupt nicht verändert: Auch vor der DSGVO habe ich bereits ein Einverständnis von Kunden und Interessenten benötigt, um mit Kunden und Interessenten per E-Mail zu kommunizieren,

Verändert hat sich natürlich die Bußgeldhöhe, weshalb viele Unternehmen im Zuge der DSGVO ihre „rechtlichen Hausaufgaben“ im E-Mail-Marketing gemacht haben. 

Die wichtigsten juristischen Aspekte: Wie bereits erwähnt, muss von jedem Empfänger vorab ein eindeutiges Einverständnis mit dem Double Opt-In Verfahren eingeholt werden. Unmittelbar unter oder über dem Anmeldeformular muss der Empfänger über sein Widerrufsrecht und über den Datenschutz informiert werden („Wie werden die Daten genutzt? Wie lange werden sie gespeichert?“ + Link zur Datenschutzrichtlinie). Außerdem muss sich der Empfänger jederzeit wieder abmelden können.

Mittlerweile gibt es dutzende E-Mail-Marketing-Tools. Wie finde ich ein für mich passendes System und auf was sollte ich achten?

Nico Zorn: Entscheidend ist die Frage, an welche Systeme das Tool angebunden werden soll: Sollen beispielsweise automatisch Inhalte aus einem anderen Content Management System übernommen und per E-Mail an Interessenten verschickt werden? Wer zum Beispiel WordPress einsetzt, sollte im Vorfeld prüfen, ob das jeweilige Tool entsprechende Plugins bereitstellt, damit etwa unkompliziert Anmeldeformulare für WordPress erstellt werden können. Das Gleiche gilt für die Anbindung an eine Shopsystem wie Magento – auch hier sollte geprüft werden, ob das System entsprechende Schnittstellen oder Plugins bereitstellt. 

Ein weiterer wichtiger Aspekt: Mit Blick auf die DSGVO empfiehlt es sich, einen Anbieter auszuwählen, der seinen Unternehmenssitz in Europa hat. Tools wie Mailchimp oder Activecampaign sind unter diesem Gesichtspunkt leider kritisch, da die Daten außerhalb von Europa gespeichert werden.

Was ist das E-Mail-Marketing-Tool Deiner Wahl und warum?

Nico Zorn: Das lässt sich pauschal leider nicht beantworten, da jedes Tool seine Stärken und Schwächen hat – es kommt eben sehr darauf an, wie ich das Tool nutzen möchte. Aber, um dann doch etwas konkreter zu werden: Im unteren Preissegment (ca. 50 bis einige hundert Euro) bieten sich in vielen Fällen die Lösungen von Cleverreach, Newsletter2Go oder Mailjet an.In unseren Kundenprojekten kommen oft Systeme aus dem mittleren Preissegment zum Einsatz (ab ca. 1.000 Euro), dazu zählen insbesondere Artegic und Emarsys. 

Die großen Marketing Cloud-Plattformen, etwa von Salesforce oder Adobe, können eine weitere Option darstellen. Aufgrund der vergleichsweise hohen Kosten kommen sie allerdings primär bei großen Unternehmen zum Einsatz. Hinzu kommt, dass der Aufwand für die Integration nicht unterschätzt werden sollte.

Wie kann man Marketing Automation im E-Mail-Marketing nutzen? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Nico Zorn:Marketing Automation zählt für mich zu den spannendsten Taktiken im E-Mail-Marketing, da sich mit automatisierten Kampagnen nicht nur viel Zeit einsparen, sondern auch die Relevanz der Kommunikation deutlich erhöhen lässt: Mit Marketing Automation kann ich gezielt auf das Verhalten oder auf bestimmte Daten eines einzelnen Empfängers eingehen. 

Dafür müssen primär zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen benötige ich natürlich die entsprechenden Daten, also beispielsweise das Geburtsdatum für einen automatisierten Geburtstagsgruß. Zum anderen benötige ich ein E-Mail-Marketing Tool, das automatisierte Kampagnen unterstützt. Letzteres gehört erfreulicherweise fast schon zum Standard – auch bei den meisten Tools aus dem unteren Preissegment. 

Für viele Unternehmen ist es aber eine Herausforderung, dass die Daten zwar grundsätzlich vorliegen, im E-Mail-Marketing-Tool aber nicht genutzt werden können, weil noch kein automatischer Datenabgleich zwischen den Systemen existiert. 

Meine Empfehlung: Im ersten Schritt kann eine einfache Welcome Mail an neue Empfänger eingerichtet werden. Hierfür benötige ich keinerlei weitere Daten, weshalb die Umsetzung in der Regel unkompliziert ist. Diese Kampagne kann anschließend zu einer mehrstufigen Serie ausgebaut werden, um neue Empfänger über einen längeren Zeitraum „an Bord“ zu holen (Onboarding-Kampagne). Mittelfristig sollte allerdings die Schnittstelle zwischen den Systemen geschaffen werden, da sich nur auf diesem Weg wirklich „intelligente“ Kampagnen (E-Mails an Warenkorbabbrecher, automatisierte E-Mails an inaktive Kunden etc.) realisieren lassen. 

Welche Best Practice Tipps kannst Du geben, damit E-Mails geöffnet und geklickt werden?

Nico Zorn: Ganz grundsätzlich sollte man sich genau überlegen, wie die E-Mail den Alltag der Empfänger bereichern kann. Das kann mit hochwertigen redaktionellen Inhalten oder beispielsweise dem Zugang zu exklusiven Videos („nur für unsere Newsletter-Abonnenten“) gelingen. Sehr gute Erfahrungen haben wir zudem mit E-Mails gemacht, die eher im Service- als im Marketing-Bereich angesiedelt sind: Eine E-Mail, die mich darüber informiert, dass mein Wunschprodukt endlich wieder verfügbar ist, werde ich natürlich viel eher öffnen als eine generische Massenmail. 

Mit Blick auf die Gestaltung der E-Mail sollte zum Beispiel auf gut sichtbare Call-Action-Elemente (Buttons) im direkt sichtbaren Bereich (Above the Fold) geachtet werden. Gut funktionieren zudem Gif-Animationen, etwa um ein Produkt aus unterschiedlichen Perspektiven zu zeigen oder den „Vorher-Nachher“-Effekt zu nutzen. 

Einen Schritt weiter gehen dynamische Grafiken: Hierbei werden die Grafiken nach dem Versand einer Kampagne (mehrfach) aktualisiert, um beispielsweise das aktuelle Wetter zu integrieren oder mit Countdown-Effekten zu arbeiten.

Push Notifications, Whats App und Co.. Was hältst Du von solchen Möglichkeiten zum Dialog mit Interessenten und Kunden?

Nico Zorn: Mit Push Notifications haben wir gute Erfahrungen gemacht, sie sind allerdings an einige Prämissen geknüpft: Das Unternehmen muss eine App anbieten, der Nutzer muss diese App installieren und die Push Notifications aktivieren. Spannender finde ich momentan browserbasierte Push Notifications (Web Push), da sie sehr einfach implementiert werden können und keine App erfordern. Grundsätzlich gilt aber, dass Push Notifications noch schneller als eine E-Mail nerven können: Wenn der Content nicht stimmt, werden die Benachrichtigungen sofort deaktiviert. 

Unternehmen, die mit viel Mühe einen WhatsApp-Newsletter aufgebaut haben, standen hingegen zum Jahreswechsel vor einem Problem: WhatsApp duldet die Newsletter nicht mehr und hat sie schlichtweg abgeschaltet. Damit wären wir wieder bei der Frage, die wir eingangs diskutiert haben: Wem gehört eigentlich die Reichweite?

Wie siehst Du die Zukunft im E-Mail-Marketing und welche Trends zeichnen sich ab?

Nico Zorn: E-Mail wird auf absehbare Zeit relevant bleiben, schlichtweg weil keine bessere Alternative in Sicht ist – sogar Slack informiert mich über verpasste Nachrichten mit E-Mails. Dementsprechend bleibt auch das E-Mail-Marketing relevant, muss dabei aber „intelligenter“ werden: Der klassische Newsletter mit dem gleichen Content für alle Empfänger wird es künftig schwerer haben, vielmehr müssen die Inhalte dynamisch für jeden einzelnen Empfänger angepasst werden. 

E-Mails werden zudem interaktiver. So hat Gmail beispielsweise kürzlich „AMP for E-Mail“ eingeführt. Mit diesem Framework lassen sich hochgradig interaktive E-Mails gestalten. Der Empfänger kann also beispielsweise direkt in einem Produktkatalog blättern, ohne die E-Mail-App verlassen zu müssen. Bislang funktioniert das nur innerhalb von Gmail, weitere E-Mail-Anbieter werden aber (hoffentlich) nachziehen. Es bleibt also spannend!


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